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🐝 Zum Weltbienentag am 20. Mai: ArtenschĂŒtzer des RegierungsprĂ€sidiums Gießen geben praktische Tipps, um die lebenswichtige Vielfalt der Insekten zu erhalten

Wie der eigene Garten zum Paradies fĂŒr Insekten wird

Gießen. Ohne Bienen lĂ€uft nichts. Ohne sie und die anderen bestĂ€ubenden Insekten wie Hummeln, Wespen, Schwebfliegen, Schmetterlinge und Falter gĂ€be es kein leckeres Obst und GemĂŒse aus dem eigenen Garten und natĂŒrlich auch keinen Honig auf dem FrĂŒhstĂŒcksbrötchen. Aber noch wichtiger: Laut Welt-ErnĂ€hrungsorganisation sind circa 75 Prozent der weltweit angebauten Nahrungsmittel von BestĂ€ubung abhĂ€ngig. Damit liefern Insekten einen essentiellen Beitrag zur globalen Nahrungsmittelsicherheit. Damit das so bleibt, ist es umso wichtiger, die Tiere zu schĂŒtzen – und damit sind nicht nur Honigbienen gemeint, die seit Jahrhunderten vom Menschen gezĂŒchtet und gehalten werden. „Sondern vor allem alle wilden Bienenarten und ganz besonders jene, die vom Aussterben bedroht sind“, sagt Lisa KĂŒchen, ArtenschĂŒtzerin beim RegierungsprĂ€sidium Gießen, anlĂ€sslich des Weltbienentags am 20. Mai.

Es gibt in Deutschland mehrere hundert Wildbienen-Arten, zu denen auch Hummeln zĂ€hlen. Die meisten Wildbienen leben solitĂ€r, sind also EinzelgĂ€nger und bauen ihre Neströhren entweder oberirdisch in morschem Holz, Steinhaufen, PflanzenstĂ€ngeln und SchneckenhĂ€usern, oder zum grĂ¶ĂŸten Teil unterirdisch in ErdgĂ€ngen und Sandhaufen.

„Wir alle können jeden Tag und mit einfachen Entscheidungen helfen, die Artenvielfalt zu erhalten“, betont Lisa KĂŒchen. So etwa im Garten oder auf dem Balkon. „Anstelle von reinen Zierpflanzen, die oft wenig bis keinen Nektar und Pollen bieten, sollten heimische Wildblumen und -gehölze gepflanzt werden, die Insekten Schutz und Nahrung bieten“, rĂ€t die Expertin. „Jede noch so kleine Ecke im Garten oder ein Blumentopf auf der Fensterbank kann mit der richtigen Blumenwahl zum gedeckten Tisch fĂŒr Insekten werden.“ Hier empfiehlt Lisa KĂŒchen, die Pflanzen so zu wĂ€hlen, dass sie rund ums Jahr Nahrung fĂŒr Insekten bieten, und hat auch gleich ein paar Beispiele parat: Weiden, Kornelkirschen, Schwarzdorn oder Blutjohannisbeere sowie alle Zwiebel-FrĂŒhblĂŒher, wie Winterling, Krokus und Schneeglöckchen, erfreuen nicht nur die Menschen nach einem langen Winter. Sie stellen wichtige erste Nahrungsquellen dar. Im Anschluss blĂŒhen Obstgehölze wie Kirsche, Zwetschge, Birne, Apfel, Johannisbeere und Co. Auch vermeintliche „UnkrĂ€uter“ wie Löwenzahn, GĂŒnsel, Gundermann, Lungenkraut, Nesseln und Ehrenpreis sind wichtig fĂŒr Insekten.

Zum Sommer erfreuen GemĂŒseblĂŒten, aber auch Brom- und Himbeere, Wicke und Klee sowie alle blĂŒhenden KrĂ€uter. Salbei, Oregano, Thymian, Rosmarin, Pfefferminze, Borretsch, Bohnenkraut und Lavendel sind eine wahre Insektenweide und sollten daher vor der Ernte unbedingt blĂŒhen gelassen werden. Auch Beinwell, Glockenblume, Holunder und Wildrose werden sehr gern angenommen. Im spĂ€ten Sommer und Herbst wird es fĂŒr die meisten BestĂ€uber schwierig, ausreichend Nahrung zu finden. Daher sind spĂ€t blĂŒhende Pflanzen essentiell, zum Beispiel Kapuzinerkresse, Natternkopf, Kornblume, Flockenblume, Resede, Blutweiderich, Wegwarte, Echter Alant, heimischer Eisenhut und Fetthenne. An blĂŒhendem Efeu können sogar bis in den Oktober und November noch hunderte Insekten – und an den Beeren im Folgejahr viele Vögel – beobachtet werden.

Nisthilfen oder Insektenhotels können ebenso hilfreich sein, aber noch besser und wichtiger sind „wilde“ Bereiche im Garten, die zahlreichen Arten ein perfektes Zuhause bieten. Dreiviertel aller Wildbienen nisten in der Erde. Sie bevorzugen offene Bodenstellen mit Sand und Lehm, aber es werden mitunter auch sandige Fugen zwischen Pflastersteinen, Ritzen in Trockenmauern und markige PflanzenstĂ€ngel wie Brombeeren-Ruten, die man auf circa einen Meter LĂ€nge kĂŒrzen und senkrecht aufhĂ€ngen kann, als Lebensraum und Kinderstube angenommen. „Seltener MĂ€hen oder Bereiche stehen lassen, Totholz, Wasserstellen und vor allem ein Verzicht auf Chemie im Garten sind ebenfalls Grundlage fĂŒr vieltöniges Summen und Brummen“, sagt Lisa KĂŒchen.

In Deutschland sind viele Insekten vom Aussterben bedroht – höchste Zeit also, gegenzusteuern. „Von den ĂŒber 560 heimischen Wildbienenarten stehen laut Bundesamt fĂŒr Naturschutz mindestens 300 auf der Roten Liste der gefĂ€hrdeten Arten. Über alle Insektenarten hinweg sind in den vergangenen Jahren massive PopulationsrĂŒckgĂ€nge und -einbrĂŒche zu verzeichnen. Auch die zuverlĂ€ssige Honigbiene steht zunehmend unter Umweltstress und viele Völker fallen Krankheiten und SchĂ€dlingen zum Opfer“, weiß Lisa KĂŒchen.

Das Insektensterben hat fatale Folgen fĂŒr Mensch und Natur. 80 Prozent aller Pflanzen, darunter alleine zwei Drittel unserer Nahrungsmittel, sind von BestĂ€ubern abhĂ€ngig. Dazu zĂ€hlen Lebensmittel, GewĂŒrze und Arzneimittel. Auch sind Insekten Bestandteil zahlloser Nahrungsketten, sind essentiell beim Erhalt der genetischen Pflanzenvielfalt und damit auch bei der Verbreitung von Pflanzen weltweit. „Insekten haben es inzwischen sehr schwer, ihnen fehlen geeignete LebensrĂ€ume und ein vielfĂ€ltiges, ganzjĂ€hriges Nahrungsangebot“, berichtet sie weiter. Nicht zuletzt finden jeden Sommer zahllose Insekten in Bremsen- und Wespenfallen ihren Tod. © RP-Gießen