In den vergangenen fünf Jahren erfolgte die größte Umbaumaßnahme auf der Kläranlage Niederbrechen seit ihrem Bau vor annähernd 45 Jahren !
Höhere Anforderung an die Reinigungsleistung für den Parameter Phosphat, Einhaltung der Anforderungen an die Klärschlammstabilisierung, Erweiterung der Kapazität der Anlage, Energieeinsparung, Sanierung der alten Betonbauwerke und alte maschinelle und elektrotechnische Ausrüstung musste erneuert werden - und die Sicherstellung des nachhaltigen Betriebs durch u.a. eine zweistrassige Anlage.
Im ersten Bauabschnitt wurden die Bauwerke Zulaufpumpwerk, Sandfang und Eindicker saniert und mit neuer Maschinentechnik ausgerüstet. Außerdem wurden die Rechenanlage und die Schlammentwässerung vollständig neu gebaut. Die zugehörigen Elektro- und Schaltanlagen wurden ebenfalls komplett erneuert. zur Aufrechterhaltung der Funktionen dieser Behandlungsschritte mussten während der Umbauarbeiten aufwendige Provisorien eingerichtet werden.
Der größere, zweite Bauabschnitt umfasste den Neubau der kompletten biologischen Reinigungsstufe mit zwei Belebungsbecken, einem Vorklärbecken, dem Neubau eines Faulbehälters, eines Gasbehälters, eines Technikgebäudes zur Aufnahme von Pumpen, Gebläsen, Vorentwässerung, Gasverwertung, Heizung und Dosiervorrichtung für die Phosphorelimination. Außerdem wurden auf dem gesamten Kläranlagengelände nahezu alle verbindenden Rohrleitungen und Elektro- und Steuerkabel neu verlegt.
Das größte neue Bauwerk ist das zweigeteilte Belebungsbecken. Das Becken ist insgesamt rund 31m breit, 46m lang und annähernd 8m tief - mit einem Beckeninhalt von 8.200m³. Dies entspricht etwa dem 1,6fachen des täglichen Zuflusses bei Trockenwetter. Die Bodenplatte des neuen Belebungsbeckens ist rund 60cm dick und besteht aus rund 900m³ Beton - (rund 120 Betonfahrzeuge und 200t Stahl. Vor der Errichtung dieses Beckens mussten zunächst der Weg östlich der Kläranlage und ein großer Kanal aus dem Baufeld verlegt werden. Anschließend wurde die Baugrube für Belebungsbecken, Vorklärbecken und den Keller des Technikgebäudes direkt neben dem noch in Betrieb befindlichen alten Belebungsbecken ausgehoben.
Highlights
Beim Umbau der Kläranlage Niederbrechen wurde besonders großer Wert auf die energetische Optimierung der Anlage gelegt. Hierfür wurde eine neue Behandlungsstufe – die so genannte anaerobe Stabilisierung oder Faulung – mit Gasverwertung eingerichtet. Bei dieser Behandlungsstufe wird der anfallende Klärschlamm in einem separaten Behälter weitergehend stabilisiert (anaerobe Stabilisierung). Der so genannte Faulbehälter ist mit einer Höhe von annähernd 15 m und einem Volumen von rund 1.250 m³ der höchste Behälter auf der
Kläranlage und nicht zu übersehen. Während dieser Stabilisierung wird bei rund 38 °C aus Biomasse (Klärschlamm) Faulgas erzeugt. Dieses Faulgas wird in einem oberirdischen Behälter zwischengespeichert und zu einem Blockheizkraftwerk geleitet, in dem Strom und Wärme aus dem Faulgas gewonnen werden. Somit können durch die Nutzung dieser regenerativen Energie rund 50 bis 60 % des auf der Kläranlage benötigten Strombedarfs und der gesamte
Wärmebedarf der Anlage gedeckt werden. Gegenüber dem früheren Zustand werden somit rund 178 t CO2 pro Jahr durch die Umstellung auf Faulung reduziert – das entspricht einer CO2-Einsparung von 5.335 t in den nächsten 30 Betriebsjahren.
Einer der größten Energieverbraucher auf der Kläranlage ist die Belüftung der Bakterienmasse in den Belebungsbecken. In diesen Becken werden die gelösten Abwasserinhaltsstoffe durch spezielle Bakterien abgebaut – ein ganz wesentlicher Behandlungsschritt auf Kläranlagen. Bei der Belüftung in den neu gebauten Belebungsbecken wird eine Technik eingesetzt, die besonders energieeffizient arbeitet und somit vergleichsweise wenig Energie verbraucht. Außerdem werden weitere große Antriebe mit speziellen, energiesparenden Motoren ausgerüstet,
um insgesamt den Energieverbrauch der Kläranlage und damit auch Treibhausgasemissionen so gering wie möglich zu halten (CO2-Einsparung ca. 108 t pro Jahr).
Erst nach der Fertigstellung und der Inbetriebnahme der Belebungsbecken am 31.1.2023 konnte das alte Belebungsbecken entleert, gereinigt und abgerissen werden. Anschließend wurden im letzten Bauabschnitt die beiden neuen Nachklärbecken an der Stelle des abgerissenen Belebungsbeckens errichtet. Nach der Inbetriebnahme der neuen Nachklärung vor wenigen Wochen am 11.6.2025 konnte das alte Nachklärbecken abgerissen werden.
Die Kosten der gesamten Baumaßnahme sind mit 30.000.000 € geplant. Noch sind abschließende Arbeiten auszuführen und nicht alle geprüften Schlussrechnungen liegen vor, aber aus heutiger Sicht wird die veranschlagte Bausumme nicht vollständig benötigt.
Das Land Hessen fördert die Modernisierung und technische Optimierung der Kläranlage Niederbrechen mit rund 2,1 Millionen Euro. Diese Mittel wurden insbesondere für die Reduktion der Phosphatemissionen gewährt.
Für die Einrichtung der anaeroben Stabilisierung (Faulung) mit Nebeneinrichtungen erhält der Abwasserverband Goldener Grund eine Förderung des Bundes: im Rahmen des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung "Förderung von Klimaschutzprojekten im kommunalen Umfeld" wurde eine Fördersumme in Höhe von 500.000 € ausgezahlt.
Auch für die Maßnahmen zum effizienten Energieeinsatz bekam der Abwasserverband Goldener Grund eine Förderung des Bundes aus dem Klimaschutzplan in Höhe von rund 260.000 €
Daten zum Abwasserverband Goldener Grund:
Gegründet wurde er am 18.4.1973 - die Bemessungsgröße der Anlage beträgt 38.000 Einwohnergleichwerte mit einem Abwasserzufluss von 3 Millionen Kubikmetern Abwasser pro Jahr.
Die Länge der Hauptkanäle beträgt 43 KM mit 27 Entlastungsanlagen im Wirkbereich. Angeschlossen sind die Kommunen: Brechen, Hünfelden, Villmar mit dem Ortsteil Weyer, Selters mit dem Ortsteil Münster und Weilmünster mit dem Ortsteil Wolfenhausen.
Verbandsvorsteherin ist Bürgermeisterin Silvia Scheu-Menzer, der Vertreter Bürgermeister Frank Groos.
© Presseinformation des Abwasserverbandes Goldener Grund
Rückblick auf den 8.9.2020:
Damals durften wir einen Blick hinter die Kulissen werfen zum Baubeginn der Sanierung und Erweiterung der Kläranlage. Wahnsinn, was sich seitdem alles getan hat ! DANKE an alle Beteiligten, die dazu beitragen, dass unsere Abwässer fach- und sachgerecht versorgt werden und unsere Flüsse damit entlastet werden !
Nicht nur die ENTSORGUNG, sondern auch die VERSORGUNG mit frischem und sauberem Trinkwasser ist wichtig, gerne schauen Sie hier vorbei: