Ein Zufall, der Geschichte schrieb
Zum Internationalen Tag der Röntgenstrahlung am 8. November: RP Gießen genehmigt und kontrolliert rund 3.000 Röntgenanlagen in Mittelhessen
Gießen. Es war ein Zufall, der ihm letztlich den ersten Physik-Nobelpreis einbrachte: Wilhelm Conrad Röntgen entdeckt am 8. November 1895 in seinem Labor nebenbei das Phänomen der nach ihm benannten Strahlen. Seitdem hat die Möglichkeit, Menschen durchleuchten zu können, die Medizinwelt komplett verändert. Der Internationale Tag der Röntgenstrahlung erinnert an diesen Tag und an seinen Namengeber, der 1923 auf dem Alten Friedhof in Gießen beerdigt worden ist. In den fünf mittelhessischen Landkreisen werden derzeit rund 3.000 Röntgenanlagen betrieben. Genehmigt und kontrolliert werden sie von einem achtköpfigen Strahlenschutz-Team im Regierungspräsidium Gießen.
„Die Spanne reicht hierbei vom klassischen Röntgengerät beim Zahnarzt, Tierarzt oder beim Orthopäden über universitäre Großforschungseinrichtungen bis hin zu industriellen Anwendungen wie Schweißnahtprüfungen zur Qualitätssicherung“, erläutert Dezernatsleiter Dr. Jens Gerlach. Die Aufgabe des RP Gießen ist es, den Strahlenschutz in diesen Bereichen sicherzustellen, damit eine sichere Anwendung für alle beteiligten Personen, von dem bedienenden Personal bis zur Patientin im medizinischen Anwendungsbereich gewährleistet ist. „Dabei sind wir für die Genehmigungs- und Anzeigefahren zuständig und führen regelmäßige Begehungen direkt in den Betriebsorten durch, um den sicheren Betrieb und die ordnungsgemäße Anwendung der Röntgengeräte sowie alle Aspekte des Strahlenschutzes zu prüfen.“
Dass alle Röntgenanlagen genehmigt und kontrolliert werden, hat einen einfachen Grund: geht ionisierende Strahlung durch Materie, zum Beispiel durch eine Zelle oder einen Organismus, gibt sie Energie ab. Ist diese hoch genug, kann es zu Schädigungen kommen. Was heute zum medizinischen Einmaleins zählt, ließ nach der Entdeckung die Fachwelt Kopf stehen. Blitzschnelle und zuverlässige Diagnosen waren auf einmal möglich. Und das durch puren Zufall: denn eigentlich will der kauzige Professor an diesem 8. November 1895 nur kurz die schillernden Lichtreflexe eines Experiments mit Kathodenröhren betrachten. Dabei stellt Wilhelm Conrad Röntgen aber fest, wie ein paar Meter weiter ein weiteres Glas leuchtet, das eigentlich zu weit von dem Versuch hätte sein müssen. Er hält ein schwarzes Papier dazwischen. Das Glas strahlt weiter. Er greift zu einem Holzbrett. Die Strahlung ist weiterhin sichtbar. Der Wissenschaftler erkennt die Bedeutung und forscht weiter. Er findet heraus, dass die bislang unbekannte Strahlung durch fast alles dringt. Als wohl erstes Röntgenbild eines menschlichen Körperteils gilt die Aufnahme der Hand seiner Frau vom 22. Dezember 1895. Der Rest ist Geschichte.
Für meisten Diagnosen werden bis heute bildgebende Verfahren wie Röntgenstrahlen eingesetzt. Ergänzt werden sie durch modernere Techniken, wie die strahlungsarme Computer- oder die strahlenersetzende Kernspintomografie. Außerdem werden Röntgenstrahlen heute auch therapeutisch angewendet. So werden unter ihrer Kontrolle etwa Laserstrahlen gegen Tumore an die richtige Position gebracht. Das erspart umfangreiche Operationen.
Auch in der Industrie spielen Röntgenstrahlen eine große Rolle. So helfen die Geräte in der Lebensmittel-Industrie unter anderem dabei, Verunreinigungen zu finden und Befüllungen zu kontrollieren. Allen Reisenden auch bestens bekannt: An Flughäfen wird Gepäck damit durchleuchtet. In Maschinenhallen prüfen sie Werkstoffe auf Risse und Archäologen untersuchen damit ihre Funde, von Gesteinen bis Mumien. Und sogar in Schulen werden Röntgeneinrichtungen in Form von Vollschutzgeräten zu praktischen Versuchen genutzt. © RP-Gießen