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Limburg: Janner zeigt das beides geht: Forst und Wald

Wie ein Spaziergang durch den Wald im Wandel der Zeit fühlte sich die Auftaktveranstaltung des Lesedoms in den Kunstsammlungen der Stadt Limburg an.
Das Ambiente, passend zum Thema des Buches. So ist in dem historischen Rathaus der Stadt viel altes Holz zu sehen. Vor den Werken von Renate Kuby, die Flusslandschaften zeigen, begrüßt die Moderatorin des Abends, Karin Schäfer von der Buchhandlung Schäfer die 31 Gäste.

Mit einer Reise in die Vergangenheit des heimischen Waldes im Nassauer Land beginnt der Autor und Förster Martin Janner seine Lesung, die sich um den Wald der Zukunft dreht, wie der Titel seines Buches bereits verrät.
Janner erzählt, wie der Wald in den vergangenen Jahrhunderten sich immer wieder den Lebensumständen der Menschen anpassen musste. Er diente als Holzlieferant. Möglichst schnell musste Holz für Häuser, Produktion von Holzkohle und Arbeitsgeräte wie Gerüste geliefert werden. Eine Baumart, die dafür prädestiniert war, ist die Fichte. Sie wächst schnell, gerade und ist winterhart. Zudem ist das Holz leicht zu verarbeiten. Als nach den Kriegen in Deutschland Fleisch Mangelware war, wurden in den Gärten der Familien Bohnen angepflanzt. Sie nahmen wenig Platz in Anspruch und waren und lieferten das notwendige Eiweiß. An langen Fichtenstäben, die als Rankhilfe in den Boden gesteckt wurden, wuchsen sie mehrere Meter nach oben und machen die Familien satt.

Klimawandel sei damals noch kein Thema gewesen und wurde lange totgeschwiegen, obwohl es wissenschaftlich schon längst bekannt war. Heute werden die Wetterdaten der verschiedenen Jahrzehnte verglichen und festgestellt, dass im Jahresdurchschnitt 30 % weniger Niederschlag fällt und die Durchschnittstemperaturen um 3 Grad angestiegen sind. Doch wie sieht der Wald der Zukunft aus? Wie kann er dem Klimawandel entgegenstehen?

Die schweren Stürme der letzten Jahre und der Borkenkäfer führten dazu, dass viele früher mit Fichten bewachsene Flächen brach liegen. Martin Janner und viele seiner Försterkollegen setzen auf eine Durchmischung mit Baumarten wie die Esskastanie, die bereits durch die Römer in verschiedenen Teilen Deutschlands heimisch ist, oder die Zerreiche und die Hainbuche. Hierbei schauen die Förster nicht nur in von Natur aus wärmere Ecken in Deutschland wie der Loreley. Sondern auch in den Iran, wo es viele Buchenwälder gibt. Für Janner ist es die Zukunft, die Vielfalt der Baumarten, die unterschiedlich schnell wachsen, aber eines gemeinsam haben: sie kommen mit dem Klimawandel gut zurecht. Längere Trockenperioden machen ihnen nichts aus, Sturzregenfälle werden besser aufgenommen und sie passen sich den Bodenbedingungen schnell an. So kann er mittlerweile auf 35 verschiedene Baumarten in seinem Revier in Oberwallmenach in Rheinland-Pfalz, verweisen.

Durch die nachhaltige Forstwirtschaft, die seit den 1990er- Jahren langsam Einzug in den deutschen Wäldern hält, kehren auch längst für ausgestorben erklärte Vogel- und Tierarten wieder zurück.
Dies erklärt er am Beispiel des Kolkrabens, der 1998 erneut in seinem Revier zu brüten begann. Janners Vorgänger hatte bereits 1990 mit dem Kahlschlag der Buchen abgesehen. Sie konnten so bis auf eine Höhe von 45 Metern heranwachsen und damit optimale Brutbedingungen für die Kolkraben bieten. Diese benötigen 40 Meter Sicherheitsabstand horizontal wie vertikal zum Nest, um bei menschlicher Störung dieses nicht verlassen zu müssen. Da die Vogelart sehr früh im Jahr brütet, besteht die Gefahr, dass die Eier schnell abkühlen und die Brut fehlschlägt. Auch Vogelarten wie der Schwarzstorch, der normalerweise in östlicheren Ländern wie Polen und Sibirien zu Hause ist, fühlt sich hier nun heimisch. Ornithologen vermuten als Grund für die Flucht der Vögel das aktuelle Betreiben der Waldwirtschaft in den Ländern. „Das eine tun, ohne das andere zu lassen“ ist das Motto von Janner. In seinen Augen schließt sich Naturschutz zu betreiben und Holz zu ernten, nicht aus.

Denn auch die ökonomische Nutzung des Waldes ist sinnvoll und wichtig. Gerade zu Zeiten von Corona wurde die Abhängigkeit von Handelspartnern, die uns Rohstoffe liefern, spürbar. So wurde Holz aus Sibirien und Kanada geliefert – aus beiden Ländern erhalten wir kein Holz mehr, weiß Janner. Der skandinavische Raum liefert derzeit noch Holz nach Deutschland. Somit wäre die Nichtbewirtschaftung des Waldes fahrlässig. Die Zukunft sieht er in der in der Vielfalt. Das diesen Weg nicht alle gehen, wird auch ein Gast aus Niedersachsen zu berichten. Dort werde noch sehr konservativ gewirtschaftet. Man setze auf ausschließlich auf heimische Hölzer zwar keine Fichten, aber das, was schon immer gepflanzt wurde, findet dort erneut seinen Platz.
In seiner Leseprobe lässt er auch Emotionales durchklingen. Er beschreibt, wie ihn und seine Kollegen die Natur, die Lebewesen, die stille des Waldes berühren und das sich keiner von ihnen einen schöneren Job wünschen könne. Schon zu sehen, wie kleine Baumsetzlinge nach wochenlanger Pflanzarbeit zu einem langsam nachwachsenden Wald werden, der vorher durch Sturmbruch nahezu ausgelöscht wurde, erfüllen die Förster und Waldarbeiter mit Freude und Hoffnung.

Die Moderatorin Karin Schäfer schließt die Lesung mit den Worten „Ein ausgezeichneter Förster kann auch ein hervorragender Autor sein“.
Weiter geht es am Donnerstag, 5. Oktober, um 19 Uhr mit Simon Sterz aus Lindenholzhausen, der seinen Debütroman „Der Fall Zossner“ in den Kunstsammlungen vorstellt.
Der Limburger Lesedom ist eine Veranstaltung im Rahmen des Literaturfestivals Leseland Hessen. Mit freundlicher Unterstützung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen sowie hr2-kultur. Ziel des Festivals ist es, die aktuelle Welt der Bücher durch lokale Veranstaltungen mit bekannten Autorinnen und Autoren ins hessische Land zu tragen.
Folgendes ist zu beachten: Die Sitzplatzkapazität ist begrenzt. Einlass für die Erwachsenenlesungen ist jeweils eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn.
Weitere Informationen gibt es von dem Kulturamt der Stadt Limburg, telefonisch unter (06431) 203-912 oder per E-Mail: tanja.schnatz@stadt.limburg.de und unter www.limburg.de.
Partner des Lesedoms 2023 sind: Energieversorgung Limburg (EVL), Kreissparkasse Limburg, Kreisvolkshochschule Limburg-Weilburg, die Limburger Zweigstelle der Sparda-Bank Hessen, Kulturvereinigung Limburg, Schaefer Bücher, und Thalia. © Stadt Limburg