Selbsthilfegruppen im Landkreis Limburg-Weilburg sind wichtig, damit Menschen sich mit Fachleuten und anderen Betroffenen austauschen können. Einer, der sich mit seinen Sorgen und Schmerzen viele Jahre alleinegelassen fühlte und mittlerweile eine Gruppe zum Thema Thoracicoutlet-Syndrom (TOS) Limburg/Kassel leitet, ist der Elkerhäuser Diplom-Ingenieur Bernd-Rainer Volz. Seine Krankheit ist so selten, dass sie seinen Aussagen nach immer noch nicht ausreichend erforscht ist. Volz ist aktuell bundesweit und in angrenzende Länder mit gut 50 anderen Betroffenen in Kontakt; drei darunter sind aus der erweiterten Region. Bernd Volz ist 20 Jahre alt, kurz vor Beginn des Studiums, als sich sein Leben schlagartig zum Negativen hin verändert. Wie immer werktags ist Volz auf dem Weg nach Wiesbaden zur Arbeitsstelle im dortigen Katasteramt, als er mit seinem Auto scharf bremsen muss und ihm ein anderer Verkehrsteilnehmer hinten auffährt. Fest-gestellt werden im Krankenhaus eine Verletzung der Halswirbelsäule und ein Schleudertrauma. Nichts Schwerwiegendes, nichts Dauerhaftes, heißt es. Volz darf hoffen, dass er nur zwei Wochen eine Halskrause tragen muss und dann alles wieder gut wird. Doch nichts wird gut. Bernd Volz beginnt, sich Sorgen zu machen, als die Schmerzen in seinen Händen, Fingern und Armen immer stärker werden. Der Elkerhäuser fühlt kaum noch Kraft in seinen Händen. Es fühlt sich an, als hätte er einen Entzündungsherd im Körper, doch die Ärzte können keinen Grund finden. Volz fühlt sich nicht ernstgenommen. Die Fachleute sagen, dass Volz sich die Schmerzen nur einbilde, die Probleme psychosomatischer Natur seien. Irgendwann glaubt es der Betroffene selbst, bis er nach 23 Jahren den wahren
Grund für seine Probleme entdeckt. 2005 fasst Bernd Volz den Entschluss, seinen Schmerzen auf den Grund zu gehen. Er forscht im Internet nach, was die Gründe seiner Probleme sein könnten. Er stößt auf TOS, das Thoracic-outlet-Syndrom und einen kompetenten Gefäßchirurgen dafür in Kassel. Der Betroffene lässt sich dort untersuchen und hat nun Gewissheit, dass TOS der Grund seines jahrelangen Leidens ist. Der Autounfall vor über zwei Jahrzehnten hat offenbar eine Engstelle im Bereich des oberen Brustkorbes ausgelöst, die auf Nerven und Blutgefäße drückt. Das ist der lange gesuchte Grund für die Schmerzen und Taubheit in Schultern, Armen und Händen. Ist die Schlüsselbeinvene betroffen, kann das sogar zu Embolien führen. Und sie ist bei Volz betroffen. Leider gibt es bei seltenen Krankheiten wie TOS bundesweit nur wenige kompetente Ärzte. Folglich könne es, so Volz, leicht passieren, dass Syndrome so spät erkannt werden, dass Gefäß- und bzw. oder Nervenschäden schon zu weit fortgeschritten seien. Dann könne eine Operation die Probleme nicht mehr heilen, sondern lediglich noch lindern. Bernd Volz entscheidet sich trotzdem für einen radikalen Eingriff, um die Gefahr der Embolie zu beseiti-gen. Dafür müssen zwischen Brustbein und Halswirbelsäule die beiden ersten Rippen entfernt und Muskeln durchtrennt werden. Wie Volz berichtet, hat er seitdem erhebliche Probleme mit Schwindel. Die Stabilität seiner Halswirbelsäule hat seiner Empfindung nach ebenfalls stark nachgelassen. Auch seine Lunge kollabiert während der ersten Operation. Volz erhält gegen die Schmerzen Opiate. Aufgrund der eingetretenen Abhängigkeit davon wird ein Entzug notwendig. 18 Monate ist Bernd Volz krankgeschrieben. Danach geht es dem mittlerweile 60-Jährigen nicht wirklich wieder gut. Doch er muss wieder arbeiten ge-hen, in der Planungsabteilung eines Verkehrsverbundes. Einerseits ist Volz froh, wieder in den Alltag zurückkehren zu können. Jedoch findet er dort auch nicht sein Glück, weil er sich gemobbt fühlt, durch Entzug qualifizierter Arbeit, soziale Isolation und Detektiveinsät-ze. Volz denkt, dass das damit zu tun hat, dass man ihm seine Krankheit und seine Schmerzen nicht ansieht, ihn mancher darum für einen arbeitsscheuen Simulanten hält. Aber lange am Schreibtisch sitzen kann er nicht mehr, sucht wieder eine sinnvolle Be-schäftigung für sich. Aktuell hilft er stundenweise im Villmarer Lahn-Marmor-Museums aus und arbeitet weiterhin soweit er gesundheitlich kann beim Weilburger Tageblatt als freier Journalist. Das Schreiben macht Volz Freude und hilft ihm, im Kopf fit zu bleiben. Seine offensive Öffentlichkeitsarbeit die letzten Jahre hat Volz geholfen, um neue Leute zum Austausch zu finden. Über alte Online-Artikel werden immer mal wieder neue Leute mit ähnlichen Symptomen auf Bernd Volz aufmerksam und kontaktieren ihn. Nach zahlreichen Versuchen, das richtige Schmerzmittel zu finden und vielen Problemen mit Nebenwirkun-gen hat Volz alles an Medikamenten erst einmal abgesetzt und behandelt nur noch die Schmerzspitzen. Bernd Volz abschließend: „Der Schmerz gehört inzwischen zum Alltag.
Arbeiten, die das Schmerzpotenzial erhöhen, vermeide ich. Wobei selbst das Aufhängen von Wäsche zu Schmerzen führt. Mittelfristig soll ein Neurostimulator entlang des Rü-ckenmarks implantiert werden und Abhilfe schaffen“. Wer Bernd Volz kontaktieren möchte, erreicht ihn unter der E-Mail-Adresse tos-brv(at)t-online.de.
Thoric-outlet-Syndrom: Unter dem Begriff Thoracic-outlet-Syndrom fasst man Störungen zusammen, die durch Kompression von Nerven, Arterien oder großen Venen im Hals- und Brustbereich auftreten. Wenn Druck auf die Nerven ausgeübt wird, treten Schmerzen und ein Kribbeln in der Hand, am Hals, in der Schulter und im Arm auf. Wenn der Druck auf die Arterien ausgeübt wird, werden die Arme blass und kühl. Wenn der Druck auf die Venen ausgeübt wird, schwellen auch die Arme an und die darüber liegende Haut kann bläulich aussehen. Diese Störungen können angeboren sein. Sie können aber auch erst durch Unfälle ausgelöst werden © Landkreis Limburg-Weilburg