Springe zum Inhalt

Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich besucht im Zuge seiner Sommertour ein Biotechnologieunternehmen

Eine Milliarde Menschen konsumieren täglich Produkte mit Hilfsstoffen von Chr. Hansen

Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich besucht im Zuge seiner Sommertour das Biotechnologieunternehmen in Pohlheim – Am Standort wird kräftig investiert

Gießen/Pohlheim. Viele Menschen wissen, dass Joghurt und Käse Bakterienkulturen enthalten. Dass das auch bei Salami, Sauerkraut und Brot der Fall ist, ist vielen hingegen nicht bekannt. Und noch weniger bekannt dürfte sein, dass diese natürlichen und damit „guten Bakterien“ in Joghurt und Co. in Mittelhessen hergestellt werden. „Unsere Region wird gerne unterschätzt. Daher ist es mir wichtig, zu zeigen, was es alles gibt“, sagt der Gießener Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich. Er stattete im Zuge seiner Sommertour dem Biotechnologieunternehmen Chr. Hansen in Pohlheim einen Besuch ab – und zeigte sich am Ende beeindruckt von dem, was er hörte und sah.

Das begann schon bei der Vorstellung des Unternehmens durch Werksleiterin Charlotte Lorentzen und Dr. Tim Martin Seibert (Manager Global Application Meat and Prepared Foods). 1874 in Dänemark gegründet, hat Chr. Hansen heute Kunden in etwa 150 Ländern. Rund 40.000 Bakterienstämme machen den Bestand zu einem der größten kommerziellen weltweit. Etwa 400 der 3.900 Mitarbeiter sind an den drei Standorten in Deutschland beschäftigt, 110 in Pohlheim. Hier ist eines von drei deutschen Produktionszentren – und das bereits seit mehr als 50 Jahren. Der Standort wurde 1966 von Rudolf Müller gegründet, 1991 von Chr. Hansen übernommen und wächst stetig.

 

„Eine Milliarde Menschen konsumieren täglich Produkte mit Hilfsstoffen von Chr. Hansen“, sagte die Werksleiterin stolz. „Das ist eine große Verantwortung für uns als Unternehmen. Sicherheit und Qualität sind daher sehr wichtig.“ Um die zu gewährleisten und um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, wurde und wird am Standort in Pohlheim kräftig investiert. Derzeit entstehen neue Labore, denn die einzelnen Abteilungen brauchen schlichtweg mehr Platz. Elf Millionen Euro werden in den An- und Umbau investiert. Das Regierungspräsidium war am Baugenehmigungsverfahren beteiligt, erinnerte der Regierungspräsident, der daher bei seinem Besuch von Christina Grimm vom Immissionsschutzdezernat begleitet wurde.

 

Doch warum werden Joghurt, Fleisch und Co. überhaupt gute Bakterien zugegeben? Das erklärte Mikrobiologe Dr. Tim Martin Seibert. In erster Linie geht es Chr. Hansen darum, Lebensmittel zu verbessern und die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen. Denn Bakterien beeinflussen nicht nur Geschmack, Aroma, Farbe und pH-Wert, sondern sorgen auch für Sicherheit und eine längere Frische. „Ist der pH-Wert niedrig, können krankmachende Bakterien wie Listerien und Salmonellen nicht wachsen“, sagte Seibert.

 

Inzwischen werden Bakterien auch als Bioprotectionkultur eingesetzt, dank der Lebensmittel ohne Einsatz von Konservierungsmitteln geschützt werden. Die Bioprotectionkultur soll die unerwünschten Bakterien verdrängen und Lebensmittel länger frisch halten. „Sie ist keine Garantie, aber eine Art Versicherung“, erklärte der Mikrobiologe. Sie wird zum Beispiel auf geschnittene, abgepackte Wurst oder Wiener Würstchen gesprüht. „Ohne die Bioprotectionkultur würde der Listeriengehalt hochgehen“, verdeutlichte Seibert. Bei abgepackten Salaten aus dem Supermarkt das gleiche Spiel: „Auch hier helfen gute Bakterien, die Frische zu halten und den Listeriengehalt zu senken.“ In Fleischalternativen sind ebenfalls Pohlheimer Bioprotectionkulturen enthalten.

 

Gerade der Markt mit vegetarischen und veganen Produkten boomt – und damit haben sich für Chr. Hansen neue Türen geöffnet. Trotz Um- und Anbau weiß Werksleiterin Charlotte Lorentzen schon jetzt, dass der neu gewonnene Platz in dem vierstöckigen Neubau nicht ausreicht. Hier entstehen vier zusätzliche Labore, eines davon inklusive einer neuen, größeren Metzgerei, in der verschiedene Wurst- und Fleischwaren hergestellt werden. Dabei kommen verschiedene Bakterienkulturen zum Einsatz, die sich entweder bereits in der regulären Produktion oder der Entwicklungsphase befinden. In einem weiteren Labor werden Salate oder auch Fisch mit Bioprotectionkulturen versetzt. Die beiden anderen neuen Labore werden dazu dienen, die Produkte aus der Metzgerei sowie Kundenproben zu untersuchen und um einfache chemisch-physikalische Analysen von Fleisch- und Wurstwaren durchzuführen. Im Staffelgeschoss werden nach der Fertigstellung, die für Herbst 2023 angepeilt ist, Schulungen und Veranstaltungen für Kunden stattfinden. © RP-Gießen