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Limburg: Nie wieder ist jetzt!

Zum nunmehr 79. Mal jährt sich am 27. Januar die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz. Aus diesem Anlass hatte die jüdische Gemeinde mit der Stadt Limburg zu einer Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof in Limburg eingeladen. Etwa 70 Menschen hatten sich zum Gedenken dort eingefunden, darunter auch einige Mitglieder der Limburger Stadtverordnetenversammlung.
In seiner Begrüßung mahnte der Bürgermeister der Stadt Limburg, Dr. Marius Hahn, die Zunahme des Fremdenhasses und vor allem des Antisemitismus an. „Es begann mit Verächtlichmachung, mit Ausgrenzung und Beleidigung. Kommt uns das nicht bekannt vor? Gerade in den letzten Monaten hat dies in unserem Land in einem unerträglichen Maß zugenommen“, so Hahn. Seit Oktober vergangenen Jahres gab es 2.249 antisemitisch motivierte Straftaten, so viele wie normalerweise innerhalb eines ganzen Jahres verzeichnet werden.
Elena Kopirovskaja sieht die Verantwortung der Wissensvermittlung auch bei den Bildungseinrichtungen, sie müssen auf den Prüfstand gestellt werden und reformiert werden, das sei überfällig. „Es kann nicht sein, dass ein Viertel der befragten Menschen einer Umfrage, über die das ZDF berichtete, nichts mit dem Begriff Holocaust anfangen kann“, sagte Kopirovskaja.
Sie kritisierte, dass Menschen in diesem Winter Schlitten zwischen den Gräbern auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald gefahren waren. Das zeige, dass sie nicht begriffen hätten.
Es folgte die Verlesung der 197 jüdischen und nichtjüdischen Opfer des Naziregimes aus Limburg durch Rabbiner Oleksandr Hofmann und den emeritierten Pfarrer Jörg Rücker. Dr. Waldecker vom Stadtarchiv Limburg gewährte einen Einblick in die Lebensgeschichte eines der Opfer: Dr. Adolf Friedländer. Er wurde am 23. Januar 1869 in Bromberg in Westpreußen als Sohn eines Bankiers und Mitglied des Preußischen Herrenhauses geboren. Veranlasst durch eine antisemitisch motivierte Hetzkampagne, die sich gegen seinen Vater Dagobert Friedländer richtete, zog die Familie, als er 13 war, nach Frankfurt am Main um. Dort begann er mit 16 ein Studium der Rechtswissenschaften. Ab 1888 war er an Frankfurter Gerichten tätig und heiratete 1898 die Jüdin Maria Grosser, mit der er drei Kinder hatte. 1914 ließ er sich scheiden und hatte mit seiner zweiten Frau, die evangelischen Glaubens war eine weitere Tochter. 1904 wurde er zum Landrichter beim Landgericht Limburg ernannt, 1907 erfolgte die Ernennung zum Landgerichtsrat. Es folgten weitere Berufungen, die Zeugnis darüber ablegten, dass er ein außerordentlich geschätzter Richter war.
Nach dem Erlass des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933, mit dem Juden aus dem öffentlichen Dienst verdrängt werden sollten, ordnete noch im Frühjahr 1933 das Justizministerium die sogenannte Beurlaubung „nichtarischer“ Richter an. Ihm wurde die Pensionierung nahegelegt, da er als Jude untragbar sei. Nach der Bewilligung seines Ersuchens 1934 verließ er Limburg und zog nach Frankfurt um.
Er war 1933 einer von drei Limburger Richtern jüdischen Glaubens. Den beiden anderen, Julius Lichtenstein und Dr. Ernst Königsberger gelang es, Deutschland zu verlassen und so zu überleben.
Auch wenn Adolf Friedländers sogenannte „Mischehe“ ihn zunächst vor der Deportation schützte, war er doch Diskriminierung und Ausgrenzung ausgesetzt. Vielleicht ahnte er, was ihn erwartete, denn er nahm sich am 22. August 1942 das Leben. Er wurde auf dem Limburger Hauptfriedhof beigesetzt.
Wie eine der Teilnehmenden der Gedenkfeier im Anschluss sagte: „Es ist die Aufgabe der älteren Generationen, die Verbindung zwischen der Vergangenheit und der Zukunft zu sein und die Erinnerung weiterzugeben, damit nie wieder jetzt ist.“ Das solle nicht ausschließlich am Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust geschehen. © Stadt Limburg