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In Weilburg unterstützt Selbsthilfegruppe Alkoholabhängige Rückfälle zu vermeiden

Weilburg. Klaus Müller aus Weilburg ist Sprecher der Selbsthilfegruppe WAS (Weilburger Alkohol & Medikamente Suchthilfe & SHG). Der 67-Jährige ist selbst alkoholabhängig. Das bleibt man sein Leben lang, auch wenn der Berufskraftfahrer seit genau 30 Jahren trocken ist.

Müller geht offen mit seiner Sucht um, um anderen in ähnlicher Lage zu helfen. Darum gründete er mit seiner Frau Helga die Selbsthilfegruppe. Jeder Betroffene kann dienstags von 19.30 bis 21.30 Uhr bei den wöchentlichen Gruppentreffen in der evangelischen Tagesstätte am Postplatz 7 in Weilburg vorbeischauen und dort seinen Fall und seine Sorgen schildern. Niemand muss das aber. Man kann auch einfach erst einmal kommen und nur zuhören. Und man kann sich sicher sein, dass man ernstgenommen wird und alles in der Gruppe bleibt, was bei den Treffen offen erzählt wird. Denn die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer wissen selbst genau, wie es ist, alkoholkrank zu sein.

Alkohol ist eine Sucht, aus der man so schnell nicht wieder herauskommt. Im schlimmstem Fall verliert man auf lange Sicht alles, seine Arbeit, sein Haus, seinen Partner, seine Gesundheit und irgendwann auch sein Leben. Bei Klaus Müller hat alles damit angefangen, dass er als ältester Sohn einer Spediteurs-Familie daheim den Druck hatte, beruflich funktionieren zu müssen. Er sollte das Geschäft irgendwann übernehmen. Die Erwartungshaltung der Eltern lastete stark auf Klaus Müller. Er trank viel, abends sechs Flaschen und am Wochenende noch mehr, um wieder lockerer zu werden. „Am Anfang wird man es ja auch, aber diese Situation ist tückisch“, sagt Klaus Müller. Denn irgendwann kommt der Moment, wo der Körper ohne Alkohol nicht mehr auskommt, man nicht sofort sichtbar, aber über die Jahre immer mehr körperlich abbaut.

Irgendwann wurde Müller von der Polizei betrunken am Steuer erwischt, nicht weil er auffällig fuhr, sondern weil sein Bremslicht defekt war. Müller war da zu diesem Zeitpunkt schon derart Alkohol gewöhnt, dass seine Promillewert beim Fahren nicht auffiel. Während der Arbeit als Fern- und Reisebusfahrer trank Müller nie, warf sich aber zur Beruhigung Tabletten ein und wurde dadurch auch noch tablettensüchtig. Als er nach einer erwischten Trunkenheitsfahrt den Führerschein und somit auch die Arbeitsstelle verlor, drohte Müllers Leben in heftige Schieflage zu geraten. Er selbst konnte sich finanziell nicht mehr über Wasser halten, flog aus seiner Wohnung – und hätte seine Frau Helga ihn nicht unterstützt, wäre er als Obdachloser unter der Brücke gelandet, wie er heute offen berichtet.

Seine Frau forderte ihn aber auf, endlich sein Leben zu verändern. Wenn nicht, drohte sie, ihn zu verlassen. Diese Verlustangst sowie eine Langzeittherapie über sechs Monate in einer Männereinrichtung im Mühlental haben ihm wohl sein Leben gerettet. Anfangs war er von der Therapie im Haus Burgwald nicht überzeugt, am Ende trocken. „Um fröhlich zu sein, brauche ich keinen Alkohol mehr“, sagt er heute. Und es mache ihm auch absolut nichts aus, wenn auf der Feier andere neben ihm Alkohol konsumierten und er ohne danebensitze. „Es gibt für Alkoholiker kein kontrolliertes Trinken“, sagt er. Wenn ein Süchtiger nach einer Trockenphase selbst geringe Mengen Bier trinke, sei die Gefahr des dauerhaften Rückfalls enorm, weil der Körper sofort wieder das Verlangen nach dem Alkohol bekomme.

Das hat Klaus Müller schon öfter bei Teilnehmern seiner Gruppe erlebt. Er rennt diesen aber auch nicht nach, denn die Initiative zu einer Lebensveränderung muss von den Betroffenen selbst kommen. Bei Klaus Müller kam der Entschluss, etwas verändern zu wollen, zum Glück noch rechtzeitig. Heute führt er mit seiner Frau, ohne Spätschäden, wieder ein ganz normales Leben. Jedoch bleibt es Müller wichtig, seine Erfahrungen in der Selbsthilfegruppe weiterzugeben. „Natürlich wird in der Gruppe auch mal über andere Themen gesprochen, aber die Zeit ist knapp und darum sollte die Bekämpfung der Alkoholsucht im Mittelpunkt stehen. Müller selbst bekam damals über das Diakonische Werk in Limburg und den Therapeuten Manfred Mickein Hilfe. Nach ihrer Ausbildung zu Suchtkrankenhelfern hat er gemeinsam mit seiner Frau die neue Gruppe „WAS“ gegründet. Obwohl er der Sprecher sei, sei er nicht der Chef, seien alle Mitglieder gleichberechtigt. Wer Fragen zum Thema Alkoholsucht hat oder bei den Treffen der Gruppe teilnehmen möchte, kann Klaus Müller gerne unter Telefon (06471)2282 oder Mobil (0172)6638121 kontaktieren. © Landkreis Limburg-Weilburg