Gießen. Eine Welt ohne Bienen? Undenkbar. Denn dann gäbe es kein leckeres Obst im heimischen Garten und keinen leckeren Honig auf dem Frühstücksbrötchen. Schon diese beiden Beispiele zeigen: Gäbe es die kleinen eifrigen Tierchen nicht, wären die Folgen für jede und jeden von uns im Alltag spürbar. Umso wichtiger ist es, Bienen zu schützen – und damit sind nicht nur die Honigbienen gemeint, die seit Jahrhunderten vom Menschen gezüchtet und gehalten werden. Sondern vor allem alle wilden Bienenarten und ganz besonders die, die vom Aussterben bedroht sind. Die Artenschützer des Regierungspräsidiums Gießen geben anlässlich des Weltbienentags am 20. Mai daher Tipps, wie jede und jeder zum Schutz der Tiere beitragen kann. „Wir alle können mit einfachen Entscheidungen dazu beitragen, die für uns lebenswichtige Insektenvielfalt zu erhalten“, betont RP-Mitarbeiterin Lisa Küchen.
Neben der Honigbiene gibt es in Deutschland Hunderte weitere, wildlebende Bienen- und Hummelarten, weiß die Expertin. „Manche sind häufig anzutreffen und auffällig groß wie die Erdhummel, andere nur an sehr spezielle Bedingungen angepasst und wieder andere sind so stark vom Aussterben bedroht, dass sie bereits sehr selten geworden sind.“ Das betrifft bereits mehr als die Hälfte der in Deutschland wild lebenden Arten, wobei jede einzelne dieser Arten essenziell ist für das ökologische Gefüge ist.
Doch was kann jede und jeder tun, um die Vielfalt zu erhalten? Das fängt zum Beispiel im Supermarkt an, indem zu Lebensmitteln gegriffen wird, die naturverträglich angebaut werden. Weiter geht es im heimischen Garten oder auf dem Balkon. „Anstelle von reinen Zierpflanzen sollten heimische Wildblumen und -gehölze gepflanzt werden, die Insekten Nahrung bieten“, rät die Expertin. „Jede noch so kleine Ecke im Garten oder ein Blumentopf auf der Fensterbank kann mit der richtigen Blumenwahl zum gedeckten Tisch für Insekten werden.“ Hier empfiehlt Lisa Küchen, die Pflanzen so zu wählen, dass sie rund ums Jahr Nahrung für Insekten bieten, und hat auch gleich ein paar Beispiele parat:
Weiden, Kornelkirschen oder Blutjohannisbeere sowie alle Zwiebel-Frühblüher wie Winterling, Krokus und Schneeglöckchen erfreuen nicht nur die Menschen nach einem langen Winter. Sie stellen wichtige erste Nahrungsquellen dar. Im Anschluss blühen Obstgehölze wie Kirsche, Birne, Apfel, Johannisbeere und Co. Auch vermeintliche „Unkräuter“ wie Löwenzahn, Günsel, Gundermann, Nesseln und Ehrenpreis sind wichtig für Insekten. Zum Sommer erfreuen Gemüseblüten, aber auch Brom- und Himbeere, Wicke und Klee sowie alle blühenden Kräuter. Salbei, Oregano, Thymian, Rosmarin, Pfefferminze, Borretsch und Lavendel sind eine wahre Insektenweide und sollten daher vor der Ernte unbedingt blühen gelassen werden. Auch Beinwell, Glockenblume und Wildrose werden sehr gern angenommen. Im späten Sommer und Herbst wird es für die meisten Bestäuber schwierig, ausreichend Nahrung zu finden. Daher sind spät blühende Pflanzen essentiell, zum Beispiel Kapuzinerkresse, Kornblume, Flockenblume, Sonnenblume, Sonnenhut-Arten, Blutweiderich, Wegwarte, Echter Alant, Eisenhut und Fetthenne. An blühendem Efeu können sogar bis in den Oktober und November noch hunderte Insekten beobachtet werden.
Nisthilfen oder Insektenhotels können ebenso hilfreich sein, aber noch besser und wichtiger sind „wilde“ Bereiche im Garten, die zahlreichen Arten ein perfektes Zuhause bieten. Dreiviertel aller Wildbienen nisten in der Erde. Sie bevorzugen offene Bodenstellen mit Sand und Lehm, aber es werden mitunter auch sandige Fugen zwischen Pflastersteinen, Ritzen in Trockenmauern und markige Pflanzenstengel wie Brombeeren-Ruten, die man auf circa einen Meter Länge kürzen und senkrecht aufhängen kann, als Lebensraum und Kinderstube angenommen. „Totholz, Wasserstellen und vor allem ein Verzicht auf Chemie im Garten sind ebenfalls Grundlage für vieltöniges Summen und Brummen“, sagt Lisa Küchen.
In Deutschland sind viele Insekten vom Aussterben bedroht – höchste Zeit also, gegenzusteuern. „Von den über 560 heimischen Wildbienenarten stehen laut Bundesamt für Naturschutz mindestens 300 auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Über alle Insektenarten hinweg sind in den vergangenen Jahren massive Populationsrückgänge und -einbrüche zu verzeichnen. Auch die zuverlässige Honigbiene steht zunehmend unter Umweltstress“, weiß Lisa Küchen.
Das Insektensterben hat fatale Folgen für Mensch und Natur. 80 Prozent aller Pflanzen, darunter alleine zwei Drittel unserer Nahrungsmittel, sind von Bestäubern abhängig. Dazu zählen Lebensmittel, Gewürze und Arzneimittel. „Insekten haben es inzwischen sehr schwer, ihnen fehlen geeignete Lebensräume und ein vielfältiges, ganzjähriges Nahrungsangebot“, berichtet sie weiter. Nicht zuletzt finden jeden Sommer zahllose Insekten in Bremsen- und Wespenfallen ihren Tod. © RP-Gießen