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Max Stillger Stiftung hilft afghanischen Medizinstudenten

VILLMAR/BRECHEN/LIMBURG (red). Kawsar und Jamal Saidy hatten einen großen Wunsch: Sie wollten Ärztin beziehungsweise Arzt werden. Das war in ihrer Heimat Afghanistan. Nun haben die beiden einen großen Traum: ihr Medizinstudium in Deutschland fortsetzen und ihr Berufsziel doch noch realisieren zu können. Leichter gesagt als getan…, und ein schwieriger Weg mit hohen Hindernissen. Die Limburger Max Stillger Stiftung hilft ihnen, zumindest die formellen und bürokratischen zu überwinden. „Ohne diese Unterstützung würden wir es nicht schaffen“, sagten die Geflüchteten in gutem Deutsch bei einem Gespräch im Max-Value-Tower.
Die achtköpfige Familie ist im Oktober 2021 mit einer NATO-Maschine über Ungarn nach Deutschland geflüchtet. Der Vater war Elektro-Ingenieur bei der NATO und musste deshalb das Land verlassen. Die Saidys kamen ins Flüchtlingslager Gießen und wurden von dort dem Landkreis Limburg-Weilburg zugeordnet, der sie in einer Gemeinschaftsunterkunft in Aumenau unterbrachte. Ein Bekannter machte die Afghanen auf die Max Stillger Stiftung aufmerksam. Der Kontakt war schnell hergestellt. Für die Familie traf es sich gut, dass Vorstandsmitglied Theo Speier in Aumenau lebt und in der Betreuung von Geflüchteten viel Erfahrung hat. Seit mehr als zwei Jahren kümmert er sich um Ukrainer, die die Stiftung gemeinsam mit der „Summerfields Kids Foundation“ von Matthias Distel nach Deutschland geholt hatte. Aktuell betreut der 69-Jährige mit hohem zeitlichen Aufwand noch 20 Personen.
Aufgrund des Kriegs erweiterte die Stiftung, die laut Satzung Vereine und Institutionen in der Region fördert und in Not geratenen Menschen rund um Limburg beisteht, kurzerhand ihr Aufgabengebiet. Die Arbeit für Geflüchtete aus anderen Ländern ist jedoch nicht vorgesehen. Nach den Gesprächen mit Kawsar und Jamal hatte Theo Speier jedoch ein weiches Herz und überzeugte Max Stillger von einem Engagement. „Die beiden brennen für ihren Traum und sind derart motiviert, dass ich ihnen gerne helfe“, sagt Speier. Natürlich dürfe man sich fragen, warum man sich ausgerechnet für Medizinstudenten einsetze, wo es doch so viele Notfälle gäbe, aber das Schicksal der Familie und ihrer beiden ältesten Kinder habe ihn sehr berührt.
Frauen dürfen bei den
Taliban nicht studieren
Jamal hat in Afghanistan elf Semester Medizin studiert und stand vor dem Staatsexamen. Kawsar wurde nach zwei Semestern von der Uni geworfen, weil Frauen unter den Taliban nicht mehr studieren dürfen. „Das ist durch übersetzte und beglaubigte Dokumente bestätigt“, erläutert Speier. Er half der Familie zunächst bei der Wohnungssuche und bei der Bearbeitung von Anträgen und Behördengängen. Die 23-jährige Kawsar wohnt mit ihrem Vater, ihrer schwerkranken Mutter und drei jüngeren Schwestern in einem gemieteten Haus in Aumenau, der 25-jährige Jamal mit einer weiteren Schwester und deren Mann in Niederbrechen.
Für das Medizinstudium müssen viele Anträge und Nachweise vorgelegt werden, um die Berechtigung für eine Zulassung zu erhalten. „Das kostet schon bis zur Bewerbung Nerven…“, berichtet Theo Speier, der mit den beiden auch zur Gießener Justus-Liebig-Universität fuhr und ihnen Praktika im Limburger St. Vincenz Krankenhaus vermittelte. Zunächst müssen die Afghanen mehrere Sprachkurse mit Zertifikat abschließen, erst danach kann es weitergehen.
„Ich möchte Kinderärztin oder Gynäkologin werden“, sagt Kawsar. „Ich würde gerne wie mein Onkel als Orthopäde tätig sein“, sagt Jamal.
„Wir sind der Max Stillger Stiftung sehr dankbar. Sie hat uns auch im Zusammenhang mit der Krankheit unserer Mutter stark unterstützt. Das Geld für Sprachkurse und verschiedene Gebühren hätten wir allein nicht aufbringen können“, erklären die Geflüchteten. „Wenn wir später verdienen, wollen wir gerne etwas zurückgeben.“
Max Stillger lobt die Zielstrebigkeit und den Fleiß von Kawsar und Jamal Saidy. „Menschen, die aus Angst um ihr Leben nach Deutschland kommen, sich hier einbringen und eine neue Existenz aufbauen wollen, verdienen unsere Unterstützung“, betont der Stiftungsvorsitzende. „Das aktuelle Beispiel zeigt, dass wir nicht einfach nur Geld spenden. Der persönliche Einsatz der Stiftungsmitarbeiter, allen voran Theo Speier, kann gar nicht hoch genug gewürdigt werden.“ © Joachim Heidersdorf