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Wann wird Religionsfreiheit zur Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Rechtsstaats?

„Wenn die Gesetze allein von Gott kommen“
Wann wird Religionsfreiheit zur Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Rechtsstaats? Vier Referentinnen und Referenten klärten über die Herausforderungen auf, die durch Islamismus und Salafismus entstehen können.

Limburg. Trotz hochsommerlicher Temperaturen fanden sich etwa 30 Interessierte im Sitzungssaal der Kreisverwaltung in der Gartenstraße ein, denn das Thema ist hochbrisant und – auch wenn derzeit fast aus den Nachrichten verschwunden – brandaktuell. Die WIR-Fallmanagerin für Geflüchtete, Meliha Delalic, hatte zu dieser Fachveranstaltung unter dem Titel „Herausforderung Islamismus/Salafismus“ eingeladen. Ziel war es, über das Extremismus-Phänomen aufzuklären, Wege der Prävention und Intervention aufzuzeigen und die hessischen Anlaufstellen für dieses Thema vorzustellen.
Dazu begrüßte der Erste Kreisbeigeordnete Jörg Sauer Referentinnen und Referenten von drei Institutionen, die in diesem Feld stark vernetzt und sehr erfolgreich arbeiten: Das Landesamt für Verfassungsschutz, das Hessische Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus sowie die zivilgesellschaftliche Organisation Violence Prevention Network.
Zum Einstieg erläuterte die Vertreterin des Verfassungsschutzes, dass es sich bei den Extremismusformen legalistischer Islamismus, politischer Salafismus und gewaltbereiter Jihadismus um ideologisch instrumentalisierte Formen des Islam handelt, die mit einer friedlich gelebten und praktizierten Ausübung dieser Religion nicht zu verwechseln seien. Ziel dieser Ideologien sei es, den Rechtsstaat inklusive Volkssouveränität, Demokratie und der Trennung von Staat und Religion zu überwinden und mit einem Gottesstaat zu ersetzen, in dem alles menschliche Handeln dem islamischen Gesetz (scharia) unterworfen sei. Religion würde in diesen Extremismusformen als politisches Instrument missbraucht, eigene totalitäre Bestrebungen umzusetzen.
Laut Verfassungsschutz gibt es zahlreiche Aktionsformen, die sich vornehmlich an Jugendliche und junge Erwachsene richteten. Während vor wenigen Jahren noch öffentliche Kundgebungen von bekannten Salafisten zur Anwerbestrategie der Extremisten gehörten, so spielt sich die Überzeugungsarbeit mittlerweile hauptsächlich in privatem Umfeld ab.
Um möglichst viele Jugendliche und junge Erwachsene frühzeitig über die Gefahren des religiös begründeten Extremismus zu erreichen, hat das Land Hessen ein Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) eingerichtet. Das HKE koordiniert hessenweit alle Angebote und Finanzierungsmöglichkeiten für Extremismusprävention aller Arten (auch Antisemitismus, Rechtsextremismus, Linksextremismus etc.). Dazu arbeitet es mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammen und dient als Ansprechpartner bei allen Fragen rund um Extremismus. So wird das Schulprojekt „Netzwerklotsen“ betreut, in dem in den Schulen vor Ort interessierte Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sowie Schulpsychologinnen und Schulpsychologen gestärkt werden, Radikalisierungsprozesse frühzeitig zu erkennen und Hilfestrukturen anzubieten. Auch der Lehrfilm „Radikal“, der bundesweit sehr gute Resonanz in der Früherkennung und Sensibilisierung für Extremismusprävention erfährt, kann über das HKE kostenlos bezogen werden.
Ein wichtiger Netzwerkpartner für das HKE ist das Violence Prevention Network (VPN), Träger der „Beratungsstelle Hessen“. Diese zivilgesellschaftliche Organisation arbeitet schwerpunktmäßig in den Bereichen Salafismus-Prävention und Salafismus-Intervention. Mit vielen lebhaften Beispielen schilderten die Referentin und ihr Kollege von der täglichen Arbeit: Sie geben Workshops in Schulen mit dem Ziel, die Schülerinnen und Schüler in ihrer Identität zu stärken und durch die angewandte Vertrauenspädagogik latente Radikalisierungsprozesse zu erkennen. Sie bieten persönliche Beratungsgespräche an – mit den Betroffenen selbst, aber auch mit Angehörigen und dem sozialen Umfeld. Die Arbeit von VPN kann jederzeit unbürokratisch und kostenlos in Anspruch genommen werden – sei es zur Vorbeugung von Radikalisierungsprozessen oder zur Intervention bei fortgeschrittenen Fällen von Radikalisierung.
Die Zuhörerschaft aus Fachkräften der Kinder- und Jugendarbeit, Sozialarbeit, Flüchtlings- und Integrationsarbeit war trotz der Hitze hochkonzentriert und konnte von den vielen neuen Informationen, aktuellen Zahlen und den Kontaktdaten der kompetenten hessischen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner profitieren. Für Meliha Delalic war die Veranstaltung ein voller Erfolg: „Es ist wichtig, das friedliche Zusammenleben der Kulturen und Religionen im Landkreis zu fördern. Gleichzeitig sollten Fachstellen im Ernstfall wissen, an wen sie sich wenden können.“ Über weitere Fachveranstaltungen und sonstige Aktivitäten im Integrationsbereich informiert die WIR-Fallmanagerin gemeinsam mit dem Caritasverband regelmäßig in ihrem Newsletter. Interessierte können sich über m.delalic@limburg-weilburg.de anmelden. © Landkreis Limburg-Weilburg