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Regionalversammlung Mittelhessen beschließt am 24. Juni über eingeschränkte Offenlegung des Teilregionalplans Energie

Nur fünf Windenergievorranggebiete betroffen

„Lediglich die Nachbesserung einer möglichen formalen Schwachstelle“

Regionalversammlung Mittelhessen beschließt am 24. Juni über eingeschränkte Offenlegung des Teilregionalplans Energie – Nur fünf Windenergievorranggebiete betroffen

Gießen. Die Regionalversammlung Mittelhessen bereitet eine eingeschränkte, erneute Offenlegung des Teilregionalplans Energie Mittelhessen vor. Dies hat die heutige Beratung im zuständigen Ausschuss für Energie, Umwelt, Ländlichen Raum und Infrastruktur ergeben. Eingeschränkt deshalb, weil es dabei nur um fünf räumlich eng begrenzte Änderungen geht. Die Beschlussfassung der Regionalversammlung ist für die Sitzung am Montag, 24. Juni, in Buseck vorgesehen. Die erneute Offenlegung soll unmittelbar nach der Sommerpause im Zeitraum vom 12. August bis zum 12. September stattfinden.

Betroffen von den Änderungen sind Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie (VRG WE) in Siegbach, Dillenburg, Herborn und Braunfels-Philippstein (Lahn-Dill-Kreis), in Allendorf (Lumda), Staufenberg, Ebsdorfergrund und Hungen-Bellersheim (Landkreis Gießen) sowie in Feldatal-Wolfhain (Vogelsbergkreis). Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich stellte in der Ausschusssitzung klar: „Bei dem ergänzenden Verfahren handelt es sich lediglich um die Nachbesserung einer möglichen formalen Schwachstelle.“ Es gehe nicht um die inhaltliche Prüfung des Plans. „Der Teilregionalplan Energie als Ganzes steht nicht zur Disposition.“ Der für die Regionalplanung beim RP Gießen zuständige Dezernatsleiter Dr. Ivo Gerhards ergänzte: „Dass der Teilregionalplan Energie noch einmal in Teilen offengelegt wird, bedeutet keineswegs, dass er förmlich aufgehoben oder vorübergehend außer Kraft gesetzt wird.“ Der Plan sei vielmehr nach wie vor wirksam.

Hintergrund für diese neuerliche Offenlegung ist zum einen ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Kassel. Das Gericht sieht die Änderung von 44 Vorranggebieten zur Nutzung der Windenergie nach der zweiten Offenlegung des Teilregionalplans Energie Nordhessen ohne eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit kritisch. Diese Einschätzung ist zwar nicht auf Mittelhessen übertragbar. Bezogen auf den hiesigen Teilregionalplan wurden nach der zweiten Offenlegung lediglich an fünf Vorranggebieten geringfügige Änderungen vorgenommen, bevor der Plan von der Regionalversammlung beschlossen und der Landesregierung Ende 2016 zur Genehmigung vorgelegt worden war. Um hierfür Rechtssicherheit zu schaffen, hat das Regierungspräsidium Gießen in Abstimmung mit dem Hessischen Wirtschaftsministerium gleichwohl der Regionalversammlung vorgeschlagen, ein sogenanntes ergänzendes Verfahren durch¬zuführen.

Andererseits soll mit einer erneuten Offenlegung auf die anhängigen Normenkontrollklagen gegen den Teilregionalplan Energie Mittelhessen reagiert werden. Wie in Nordhessen ist ein wesentlicher Klagegrund nämlich, dass vor der Beschlussfassung der Regionalversammlung auch in Mittelhessen eine nochmalige Offenlegung hätte durchgeführt werden müssen. Dieser vermeintliche Fehler soll nun korrigiert werden.

Stellungnahmen können ausschließlich zu den nachfolgend genannten fünf Änderungen vorgetragen werden:

VRG WE 2115, Siegbach, Dillenburg, Herborn (Lahn-Dill-Kreis)
(Verkleinerung um 113 ha, neuer Flächenumfang: 198 ha)

VRG WE 2221, Braunfels-Philippstein (Lahn-Dill-Kreis)
(Streichung, Flächenumfang 16 ha)

VRG WE 4102, Allendorf (Lumda), Staufenberg, Ebsdorfergrund (Landkreis Gießen)
(Verkleinerung um 15 ha, neuer Flächenumfang: 313 ha)

VRG WE 4407, Hungen-Bellersheim (Landkreis Gießen)
(Streichung, Flächenumfang 54 ha)

VRG WE 5122, Feldatal-Wolfhain (Vogelbergkreis)
(Streichung, Flächenumfang 60 ha).



Stichwort: Regionalplan Mittelhessen

Ein Regionalplan legt die Ziele und Grundsätze der Raumordnung und Landesplanung für die Planungsregion fest. Er ist ein überörtliches, fachlich übergeordnetes Planwerk, in dem vielfältige, oft widerstreitende Nutzungsansprüche planerisch ausgeglichen werden. Dabei sollen möglichst viele raumwirksamen Forderungen und Erwartungen der regionalen Akteure in vollem Umfang berücksichtigt werden, was in vollem Umfang nicht immer möglich ist.
Der Regionalplan entfaltet Bindungswirkungen für raumbedeutsame Fachplanungen und andere Maßnahmen (§ 4 Hess. Landesplanungsgesetz). Die kommunale Bauleitplanung ist an seinen Inhalt anzupassen (§ 1 Abs. 4 Baugesetzbuch).

Stichwort: Teilregionalplan Energie Mittelhessen 2016

Der Teilregionalplan Energie beinhaltet als sachlicher Teilplan eine detaillierte Flächenvorsorge für Anlagenstandorte Erneuerbarer Energien und stellt dadurch die Weichen für das Erreichen der Energieziele in der Region Mittelhessen. Demnach soll bis 2050 der gesamte Bedarf der Region an Strom und Wärme durch Erneuerbare Energien gedeckt werden.

Dafür sind mit rund 43.000 Hektar (acht Prozent der Regionsfläche) mit unterschiedlicher Bindungswirkung jene Flächen festgelegt, die im Sinne des erforderlichen Energiemix für die Errichtung von Windenergieanlagen beziehungsweise den Einsatz von Freiflächenphotovoltaik oder Biomasseerzeugung genutzt werden können.

Im Schwerpunkt setzt sich der Plan mit der Windenergienutzung auseinander, da diese das größte Potenzial in der erneuerbaren Stromerzeugung bietet. Auf einer Fläche von 12.100 Hektar (2,2 Prozent der Regionsfläche) sind fast 130 Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie ausgewiesen. Diese Gebiete haben Ausschlusswirkung. Das heißt: Raumbedeutsame Windenergieanlagen können nur noch in den Vorranggebieten errichtet werden. In die Planung der Windenergiekonzeption wurden mehr als 50 Einzelkriterien einbezogen, um raumverträgliche und wirtschaftliche Vorranggebiete ausweisen zu können. Hierzu zählen etwa erforderliche Siedlungsabstände, die Berücksichtigung windenergieempfindlicher Vogelarten bis hin zu Aspekten der Denkmalpflege und Flugsicherung.

Der Aufstellungsbeschluss zum Teilregionalplan Energie Mittelhessen wurde am 1. November 2011 gefasst. Nach 31 Ausschusssitzungen, vielen Arbeitsgruppensitzungen und Gesprächsrunden, Informationsveranstaltungen in den Landkreisen sowie mit Bürgerinitiativen, zwei förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligungen (2013 und 2015) und mit rund 7500 Einzelanträgen wurde der vom Regierungspräsidium Gießen als Obere Landesplanungsbehörde erarbeitete Teilregionalplan Energie am 9. November 2016 von der mittelhessischen Regionalversammlung beschlossen.
Am 21. August 2017 hat die Hessische Landesregierung den Teilregionalplan Energie Mittelhessen unter dem Vorbehalt genehmigt, dass das im Teilregionalplan enthaltene Vorranggebiet zur Nutzung der Windenergie „Braunfels-Philippstein“ (LDK) mit einer Größe von 16 Hektar aus Gründen des Naturschutzes wegen eines benachbarten Vogelschutzgebietes aus dem Teilregionalplan zu streichen sei. Hierzu hat die Regionalversammlung Mittelhessen am 8. November 2017 beschlossen, sich dieser Bedingung anzuschließen. Mit der Veröffentlichung im Staatsanzeiger des Landes Hessen am 18.12.2017 ist der Teilregionalplan Energie Mittelhessen 2016 in Kraft getreten.

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