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Mütter verzichten drei Mal im Leben auf Geld

Die Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Arbeitsagentur Limburg-Wetzlar gibt in einem Interview Antworten zu Fragen rund um das Thema Alterssicherung für Frauen und Männer, die ihre Erwerbsphase familienbedingt unterbrochen haben.

Frau Angrick, sind die Rentenprobleme der Frauen durch die beschlossene Grundrente behoben?

Angrick: Die Grundrente ist ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung, allerdings nur für Versicherte, die mit den Pflichtbeitragszeiten inklusive berücksichtigungsfähiger Kindererziehungs- und Pflegezeiten 35 Versicherungsjahre nachweisen können. Für alle diejenigen -vor allem Frauen-, die aufgrund längerer Familienpausen diese 35 Jahre bzw. die in Aussicht gestellte Gleitzone nicht erreichen, ist die Altersarmut vorprogrammiert. Aber selbst wer die Grundrente erreicht, liegt damit nur geringfügig über der Grundsicherung, die in Deutschland das Existenzminimum abbildet.


Warum sind Frauen eher von Altersarmut bedroht als Männer?

Angrick: Mütter verzichten drei Mal im Leben auf Geld: während der Kindererziehung, während der anschließenden Teilzeitarbeit und in der Rente. So erhalten Frauen im Schnitt 26 Prozent weniger Rente als Männer. Bei 15 Jahren Rentenbezug fehlen Frauen somit rund 25.000 Euro. Zudem arbeiten Frauen eher in Branchen mit niedrigeren Einkommen. Da ist es nicht verwunderlich, dass nur zehn Prozent aller 30- bis 50-jährigen Frauen netto mehr als 2.000 Euro monatlich zur Verfügung haben, bei den Männern sind es hingegen 42 Prozent. Auch fangen Frauen im Schnitt zehn Jahre später mit dem Aufbau einer privaten Altersversorgung an als Männer und das zumeist mit erheblich geringeren Sparraten sowie risikoärmeren Anlageformen. Dabei benötigen sie wegen der längeren Lebenserwartung und der geringeren Rente deutlich höhere Renditen.


Welche Strategien gibt es für Frauen, das Risiko von Altersarmut zu reduzieren?

Angrick: Wer die Familienarbeit übernimmt, sollte nicht noch benachteiligt werden. Die notwendigen Altersvorsorgebeiträge sollten während dieser Phase von beiden Partnern gemeinsam aus der Haushaltskasse getragen werden. In der Regel sind es die Mütter, die ihre Arbeitszeit reduzieren, um sich um den Nachwuchs zu kümmern. Von den Frauen mit Grundschulkindern arbeiten 51 Prozent in Teilzeit. Bei den Vätern sind es gerade einmal fünf Prozent, obwohl auch viele Väter gerne mehr Zeit für die Kinder hätten oder sich vorstellen könnten, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Für das Familieneinkommen zu sorgen, sollte eine gemeinsame Aufgabe sein, genauso wie die Erziehung der Kinder. Je schneller Frauen wieder arbeiten gehen und je zügiger sie wieder ihre wöchentliche Arbeitszeit erhöhen, desto weniger werden sie von Altersarmut bedroht sein. Das nimmt auch den Druck für die Väter, die dann nicht mehr alleine die gesamte Last des Familienunterhaltes und der Alterssicherung stemmen müssen.


Wie unterstützt die Arbeitsagentur Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteiger?

Angrick: Mit drei Wiedereinstiegsberaterinnen gibt es an den Standorten Limburg, Wetzlar und Dillenburg Expertinnen, die Arbeitsuchende, die ihre Erwerbstätigkeit aufgrund von Familienpflichten unterbrochen haben, auf dem Weg in den neuen Job begleiten. Zum Dienstleistungsangebot gehören neben der beruflichen Orientierung auch die Information über den regionalen Arbeitsmarkt, die Unterstützung bei der Organisation von Familie und Beruf, Arbeitszeiten sowie der Mobilität. Ergänzt wird das Portfolio durch Kompetenzanalysen, das Aufzeigen von Fördermöglichkeiten sowie das gemeinsame Erarbeiten von Bewerbungsstrategien. Die Beratung ist kostenfrei und unabhängig von einem Anspruch auf Arbeitslosengeld. Interessierte können während der Öffnungszeiten in der Eingangszone der jeweiligen Arbeitsagentur vorsprechen.

Das Interview führte der Pressesprecher der Arbeitsagentur Limburg-Weilburg, Ralf Fischer

© Arbeitsagentur Limburg-Weilburg