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Landtagspräsident Kartmann scheidet nach rund 16 Jahren aus dem Amt aus

Wiesbaden - Norbert Kartmann wurde am 5. April 2003 erstmals zum Präsidenten des Hessischen Landtags gewählt. Nach vier Wahlperioden und etwa 16 Jahren scheidet er nun aus dem Amt aus.

Er wird dem Landtag aber weiterhin als Abgeordneter angehören und seinen Wahlkreis in der Wetterau, den er mit einer Unterbrechung von vier Jahren seit 1982 im Landtag vertritt und den er zum insgesamt 10. Mal direkt gewonnen hat. Mit rund 16 Jahren Dienstzeit gehört Kartmann bundesweit zu den dienstältesten Landtagspräsidenten und ist der am längsten amtierende Präsident in der Geschichte des Hessischen Landtags.

Ein großer inhaltlicher Schwerpunkt Kartmanns, der vor seiner politischen Laufbahn den Beruf des Haupt- und Realschullehrers ausübte, war die politische Bildung. In seiner Amtszeit baute er dieses Angebot aus. Der Landtag bietet seitdem zahlreiche Seminar- und Bildungsangebote für verschiedene Altersgruppen bis zum Abitur an, die sich einer großen Resonanz erfreuen. Dazu gehört auch der „Kinder-Landtag“ für Grundschüler, bei dem altersgerecht der Ablauf einer Plenarsitzung durchgespielt wird. Auch die Angebote für Besucherinnen und Besucher wurden ausgebaut. So besuchen jährlich bis zu 45 000 Bürgerinnen und Bürger den Hessischen Landtag.

Gleich zum Beginn seiner Amtszeit standen große Bauprojekte mit dem Abriss des alten und dem Neubau des neuen Plenargebäudes bevor, der 2008 abgeschlossen wurde. Kartmann amtierte auch in der Zeit der so genannten „hessischen Verhältnisse“, in der die damalige Regierung unter Ministerpräsident Roland Koch nur geschäftsführend im Amt war, die einer Parlamentsmehrheit der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke gegenüberstand, bevor es Anfang 2009 zu Neuwahlen und zu einer Neuauflage der Koalition von CDU und FDP kam.

Kartmann leitete auch die Sitzungen des Hessischen Landtags in der Zeit einer zuvor für nahezu unmöglich gehaltenen und 2014 erstmals zustande gekommenen Koalition von CDU und Bündnis 90/Die Grünen. Diese war aus den Landtagswahlen 2013 hervorgegangen und wurde im Herbst 2018 erneut mit einer Mehrheit bei den Wahlen bestätigt. Zum Ende seiner Amtszeit wird im Landtag wieder in großem Umfang gebaut. Aktuell wird das historische Stadtschloss aufwändig saniert.

In seiner Amtszeit hat sich Kartmann auch in besonderer Weise in der Europapolitik engagiert. Er war unter anderem Mitglied des Ausschusses der Regionen und pflegte auch aufgrund der Herkunft seines Vaters, der in Siebenbürgen geboren wurde, einen engen Kontakt zu Rumänien. Für sein großes Engagement für die deutsch-rumänischen und die europäischen Beziehungen wurde Norbert Kartmann 2018 vom rumänischen Staatspräsidenten Klaus Johannis mit dem höchsten Nationalorden „Stern von Rumänien“ ausgezeichnet.
Norbert Kartmann war in seiner Funktion als Landtagspräsident auch zugleich Vorsitzender der Kommission Forschungsvorhaben „Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen“, die die wissenschaftliche Aufarbeitung der politisch-historischen Verhältnisse des Landes bertreibt. Neben zahlreichen Publikationen, die die Kommission unterstützt hat, ist insbesondere Kartmanns umsichtiger Einsatz bei der Aufarbeitung der „NS-Vergangenheit früherer Abgeordneter des Hessischen Landtags seit 1946“ hervorzuheben, der wesentlich dazu beitrug, dass das Thema aus dem tagespolitischen Konfliktfeld herausgehalten werden konnte. Immer ging es Kartmann auch um die Geschichte Hessens und die Suche nach seiner Identität. Die hochkarätige wissenschaftliche Tagung „Hesse ist, wer Hesse sein will…? Landesbewusstsein und Identitätspolitik seit 1945“ anlässlich des 70 jährigen Bestehens des Bundeslandes Hessen ist hierbei als wichtiges Ereignis zu nennen. Der scheidende Landtagspräsident sammelte im Laufe der Jahre eine hochkarätige Schar junger Historiker in der Landtagskommission um sich und trat immer wieder für die Einrichtung eines Lehrstuhls für hessische Landesgeschichte ein. Dass dieser schließlich 2018 eingerichtet und auch besetzt wurde, ist auch mit seinem Einsatz verbunden.

Kartmann ist seit 46 Jahren in der Butzbacher und Wetterauer Kommunalpolitik verwurzelt. Insgesamt gehörte er mit einer längeren Unterbrechung 25 Jahre der Stadtverordnetenversammlung Butzbachs und 29 Jahre dem Wetterauer Kreistag an. Vor kurzem wurde er nach 25-jähriger Mitgliedschaft im Ortsbeirat, davon zwei Jahrzehnten als Ortsvorsteher, als „Ehrenortsvorsteher“ seines Heimatdorfes Nieder-Weisel ausgezeichnet.

Er übte neben der Politik auch eine Vielzahl von ehrenamtlichen Tätigkeiten aus, wofür er vom Bundespräsidenten mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse geehrt wurde. Norbert Kartmann ist seit seinen Jugendjahren im Vereinsleben seines Dorfes aktiv. Ein halbes Jahrhundert lang hat er in verschiedenen Vereinen, vor allem im Kultur- und Sportbereich, wichtige Funktionen ausgeübt. Ob Gesangsverein oder Sportverein, ob Karneval, Turnen oder Fußball - ohne Vereinsleben ging und geht es bei Kartmann nicht. Zurzeit ist er Präsident des Hessischen Turnverbandes (HTV), dem mit 600 000 Mitgliedern größten Fachsportverband im Landessportbund Hessen. Unter Anderem als Schirmherr des Landesjugendchores des Hessischen Sängerbundes, als Mitglied im Aufsichtsrat der Landesmusikakademie oder als Ehrenvorsitzender des Landesverbandes der Siebenbürger Sachsen Hessen zeigt er sein breit gefächertes Interesse.
Information:
Der neu gewählte Hessische Landtag tritt am 18. Januar 2019 zu seiner Konstituierenden Sitzung zusammen und wird dabei eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten sowie die Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten wählen. Außerdem stehen die Wahl und Vereidigung des Ministerpräsidenten auf der Tagesordnung.
Am Vorabend der ersten Sitzung am 17. Januar 2019 verabschiedet der Hessische Landtag mit einem Empfang 34 Mitglieder des Landtags, die dem Parlament in der 20. Wahlperiode nicht mehr angehören werden, und begrüßt zugleich die insgesamt 61 neu gewählten Abgeordneten.

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