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Hinz legt erste Vorschläge für länderübergreifende Verbesserungen vor


Hinz legt erste Vorschläge für länderübergreifende Verbesserungen vor: Rückrufaktionen, Krisenmanagement und Meldepflichten müssen verbessert werden

Bund-Länder-Treffen in Berlin zum Thema Lebensmittelüberwachung

Die Hessische Verbraucherschutzministerin Priska Hinz zieht für das Bund-Länder-Treffen in Berlin am Freitag, 25. Oktober 2019 erste Konsequenzen aus dem Lebensmittelskandal der Firma Wilke. Bei einer Telefonkonferenz auf Länderebene vom 15. Oktober, zu der Hinz eingeladen hatte, wurde bereits deutlich, dass die Kommunikationswege und Organisationsstrukturen auf Länderebene verbessert werden müssen. Daraufhin haben die Bundesländer Vorschläge erarbeitet, die heute in Berlin mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft diskutiert werden.

Hinz geht mit folgenden Vorschlägen in das Treffen:

1. Einheitliches Format für Rückrufe

Bei großen Rückrufaktionen wie im Fall Wilke ist es für die Lebensmittelkontrollbehörden aktuell kaum möglich, die Lieferketten bis zum Endabnehmer nachzuvollziehen. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass es keine einheitlichen Vorgaben für Betriebe gibt, die Rückverfolgbarkeit ihrer Waren sicherzustellen. Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch sollte deshalb so geändert werden, dass künftig den Lebensmittelunternehmern vorgeschrieben wird, Informationen zur Rückverfolgbarkeit in elektronischer Form binnen 24 Stunden den zuständigen Behörden zur Verfügung stellen. Hierzu gibt es auch bereits einen Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz aus 2013, der jetzt dringend vom Bund umgesetzt werden sollte.

2. Krisenmanagement länderübergreifend verbessern

Im Fall einer Krise im Lebensmittel- oder Futtermittelbereich ist die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in der „Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern in Krisenfällen im Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit“ geregelt. Dabei können im Bedarfsfall der Krisenrat (Amtschefebene) bzw. der Krisenstab (Abteilungsleitungsebene) einberufen werden.

Der Krisenrat legt die grundlegenden Vorgaben zur Bewältigung des Krisengeschehens fest und stimmt die öffentliche Krisenkommunikation auf politischer Ebene ab. Er wird bei Bedarf von den Ländern einberufen. „Wir unterstützen den Vorschlag von Schleswig-Holstein, diese Verordnung abzuändern. Künftig soll auch der Bund proaktiv den Krisenrat einberufen können. Im Fall Wilke entstand der Verdacht, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Unternehmen und den Listerienfunden des Typs Sigma 1 geben könnte, zunächst auf Bundesebene aufgrund entsprechender Untersuchungen. Dann sollte der Bund bei einem solchen Verdacht auch den Krisenrat einberufen können, um eine bessere Steuerung zu erreichen. Gerade bei überregional tätigen Lebensmittelunternehmen ist eine zentrale Steuerung im Krisengeschehen erforderlich“, erläutert Hinz.

3. Melde- und Einsendepflicht bei krankheitserregenden Keimen – Schaffung einer gemeinsamen Datenbank

Bei Keimen in Lebensmitteln, die Krankheiten verursachen (insbesondere Salmonellen, Campylobacter, E.coli oder Listeria monozytogenes), soll es künftig eine Melde- und Einsendepflicht der Lebensmittelkontrollbehörden an das Bundesamt für Risikobewertung geben. „Dort gebündelt können Befunde von krankheitserregenden Keimen aus Lebensmitteln schnell mit Keimbefunden von Krankheitsausbrüchen verglichen werden. Damit wollen wir erreichen, dass die Ursachen zukünftig schneller identifiziert werden“, so Hinz. „Hierfür sollten vom Bund die technischen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden.“

„Klar ist auch, dass wir als Land mehr Durchgriffsrechte gegenüber den zuständigen Überwachungsbehörden brauchen. Hierfür liegt dem Landtag bereits ein Gesetzentwurf vor. Außerdem müssen wir in Hessen die Kontrollsysteme verschärfen und auch die Berichtspflicht der Lebensmittelkontrollbehörden gegenüber den Regierungspräsidien verstärken“, ergänzt Hinz.

Aktueller Stand Wilke-Wurst: Entsorgung ist in vollem Gang – zusätzliches Lager bekannt

„Rund 320 Tonnen Ware der Firma Wilke sind jetzt zur Entsorgung freigegeben. Die ersten beiden Container wurden gestern bereits mit Abfällen beladen. Heute folgen die nächsten vier Container, die in den Betrieb der Firma SecArnim GmbH in Hüttenfeld zur Entsorgung gebracht werden“, erläutert Hinz. „Verpackte Warenanteile werden direkt in der Müllverbrennungsanlage Kassel verbrannt. Wir müssen damit rechnen, dass die gesamte Entsorgung etwa zwei Wochen in Anspruch nehmen wird“, sagt Hinz.

„Da gegen die Wilke-Geschäftsführung ermittelt wird, arbeiten wir bei der Entsorgung eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen, damit mögliches Beweismaterial gesichert wird. Die Staatsanwaltschaft hat der Entsorgung der Ware zugestimmt. Zudem ist dem Ministerium die Existenz eines weiteren Lagers in Kaufungen bekannt geworden, in dem die Firma Wilke Waren gelagert hat. Dort hat Wilke für die Auslieferung an Kunden Produkte zwischengelagert. Auch diese Informationen sind der Staatsanwaltschaft übergeben worden. Aufklärung hat für uns oberste Priorität,“ ergänzt die Ministerin.

Zur Diskussion um Listerienfunde bei Wilke-Produkten im März und April 2019:

Wie bereits im Bericht der Task Force Lebensmittelsicherheit aufgeführt und bekannt, hat nach bisheriger Erkenntnis im März 2019 das Veterinäramt in Hamburg Listerien bei Wurstwaren von Wilke nachgewiesen und die zuständige Lebensmittelkontrollbehörde in Waldeck-Frankenberg informiert. Die betroffene Ware, ist daraufhin zurückgerufen worden. Der Kreis hat zudem Kontrollen durchgeführt und aufgrund von Verstößen gegen die Meldepflicht ein Bußgeld verhängt. Im April 2019 hat außerdem das Veterinäramt in Balingen (Baden-Württemberg) Listerien auf einem Wilke-Produkt festgestellt und die Behörden vor Ort informiert. Die betroffenen Produkte, sind umgehend zurückgerufen worden. Es wurde zudem verordnet, dass der Betrieb eine Grundreinigung durchführen muss, die Mitarbeiter zum Thema Hygiene nachgeschult werden und die Produktprobenzahlen erhöht werden. Ein Verdacht auf Sigma 1 bestand zu diesem Zeitpunkt nicht.

Als Mitte August der Verdacht aufkam, dass der Betrieb Wilke mit den Sigma 1 Krankheitsfällen in Verbindung stehen könnte, wurde durch Hessen veranlasst, dass die Probe aus Balingen noch einmal auf den Typ Sigma 1 analysiert wird. Diese Untersuchung führte letztlich am 16. September 2019 in Verbindung mit den epidemiologischen Erhebungen des Robert Koch-Instituts zu der Bestätigung, dass die Listerien, die deutschlandweit zu Erkrankungen und Todesfällen geführt haben, von Produkten der Firma Wilke stammen.

Die Ministerin hat heute die Obleute der im Landtag vertretenen Fraktionen über den aktuellen Stand unterrichtet. Die Aufklärung zum Fall Wilke läuft unter Hochdruck weiter. Im nächsten Schritt geht es um die Auswertung der beiden angeforderten Berichte des Regierungspräsidiums Kassel und des Landkreises Waldeck-Frankenberg, die zusammengenommen weitere Erkenntnisse liefern werden.

© Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz