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Bedingungen für fünf Vorranggebiete bleiben dieselben

Regionalversammlung Mittelhessen stimmt nach eingeschränkter Offenlegung einem unveränderten Teilregionalplan Energie Mittelhessen zu

Gießen. Die Regionalversammlung Mittelhessen hat beschlossen: der Teilregionalplan Energie Mittelhessen bleibt nach einer eingeschränkten Offenlegung von fünf Vorranggebieten zur Nutzung der Windenergie im Spätsommer unverändert. Ziel war es, eine mögliche formale Schwachstelle des Plans auch nach bereits zwei stattgefundenen Offenlegungen zu beseitigen. Insgesamt enthält der Teilregionalplan fast 130 Vorranggebiete und damit 2,2 Prozent der Regionsfläche. Vorausgegangen war ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs für Nordhessen, das aus mittelhessischer Sicht das sogenannte ergänzende Verfahren notwendig machte.

Die fünf Vorranggebiete befinden sich in Siegbach, Dillenburg, Herborn und Braunfels-Philippstein (Lahn-Dill-Kreis), in Allendorf (Lumda), Staufenberg, Ebsdorfergrund (Landkreis Gießen bzw. Landkreis Marburg-Biedenkopf), in Hungen-Bellersheim (Landkreis Gießen) sowie in Feldatal-Wolfhain (Vogelsbergkreis). Dort wurden Windvorrangflächen bereits 2016 durch einen Beschluss der Regionalversammlung entweder verringert oder sie sind komplett entfallen. „Insgesamt sind lediglich 29 Stellungnahmen eingegangen, davon ein großer Teil mit ausdrücklicher Zustimmung zu den Änderungen oder ohne Bedenken und Anregungen“, berichtete Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich vor der Regionalversammlung. Die Obere Landesplanungsbehörde beim RP Gießen setzte sich mit ihnen auseinander und erarbeitete Vorschläge für die Abwägung. Demnach ergab sich durch vorgetragene Hinweise, Anregungen und Bedenken kein erneuter Änderungsbedarf am Teilregionalplan Energie Mittelhessen.

„Der Teilregionalplan Energie Mittelhessen leistet einen wichtigen Beitrag zur Energiewende“, sagt Klaus Weber, Vorsitzender der Regionalversammlung Mittelhessen. Deshalb sei es auch notwendig gewesen, den Teilregionalplan so rechtssicher wie möglich zu gestalten. Der Beschluss trage maßgeblich zu dieser Stabilität bei. Der für die Regionalplanung beim Regierungspräsidium Gießen zuständige Dezernatsleiter Dr. Ivo Gerhards ergänzte: „Dass der Teilregionalplan Energie noch einmal in Teilen offengelegt worden ist, bedeutet keineswegs, dass er förmlich aufgehoben oder vorübergehend außer Kraft gesetzt ist.“ Der Plan sei vielmehr nach wie vor wirksam.

Wie geht es jetzt weiter mit dem Teilregionalplan Energie Mittelhessen? „Nach seiner Bestätigung wird der Plan erneut der Landesregierung zur formellen Genehmigung vorgelegt und danach noch einmal rückwirkend bekanntgemacht“, erläutert RP Ullrich. Er sei im Übrigen zuversichtlich, dass das Regierungspräsidium Gießen im laufenden Jahr eine deutlich größere Anzahl von Genehmigungen erteilen könne als in 2019 und damit die Voraussetzungen schaffe, die Energiewende in Mittelhessen weiter voranzubringen.

Hintergrund:

Hintergrund für eine neuerliche, wenn auch eingeschränkte Offenlegung war zum einen ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Kassel. Das Gericht sah die Änderung von 44 Vorranggebieten zur Nutzung der Windenergie nach der zweiten Offenlegung des Teilregionalplans Energie Nordhessen ohne eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit kritisch. Diese Einschätzung ist zwar nicht direkt auf Mittelhessen übertragbar, denn hier betrifft es lediglich fünf Vorranggebiete. Um für Mittelhessen Rechtssicherheit zu schaffen, hat das Regierungspräsidium Gießen in Abstimmung mit dem Hessischen Wirtschaftsministerium gleichwohl der Regionalversammlung vorgeschlagen, ein sogenanntes ergänzendes Verfahren durch¬zuführen.

Mit der eingeschränkten Offenlegung sollte auch auf die anhängigen Normenkontrollklagen gegen den Teilregionalplan Energie Mittelhessen reagiert werden. Wie in Nordhessen ist ein wesentlicher Klagegrund nämlich, dass vor der Beschlussfassung der Regionalversammlung auch in Mittelhessen eine nochmalige Offenlegung hätte durchgeführt werden müssen. Dieser vermeintliche Fehler ist nun korrigiert worden.

Stichwort: Regionalplan Mittelhessen

Ein Regionalplan legt die Ziele und Grundsätze der Raumordnung für die Planungsregion fest. Er ist ein überörtliches, fachübergreifendes Planwerk, in dem vielfältige, oft widerstreitende Nutzungsansprüche planerisch ausgeglichen werden. Dabei sollen möglichst viele raumwirksame Forderungen und Erwartungen der regionalen Akteure berücksichtigt werden. Der Regionalplan entfaltet Bindungswirkungen für raumbedeutsame Fachplanungen und andere Maßnahmen (§ 4 Abs. 1 Raumordnungsgesetz). Die kommunale Bauleitplanung ist an seinen Inhalt anzupassen (§ 1 Abs. 4 Baugesetzbuch).

Stichwort: Teilregionalplan Energie Mittelhessen 2016

Der Teilregionalplan Energie beinhaltet eine detaillierte Flächenvorsorge für Anlagenstandorte Erneuerbarer Energien und stellt dadurch die Weichen, die Energieziele in der Region Mittelhessen zu erreichen. Demnach soll bis 2050 der gesamte Bedarf der Region an Strom und Wärme durch Erneuerbare Energien gedeckt werden.

Dafür sind mit rund 43.000 Hektar (acht Prozent der Regionsfläche) mit unterschiedlicher Bindungswirkung jene Flächen festgelegt, die im Sinne des erforderlichen Energiemix für die Errichtung von Windenergieanlagen beziehungsweise den Einsatz von Freiflächenphotovoltaik oder Biomasseerzeugung genutzt werden können.

Im Schwerpunkt setzt sich der Plan mit der Windenergienutzung auseinander, da diese das größte Potenzial in der erneuerbaren Stromerzeugung bietet. Auf einer Fläche von 12.100 Hektar (2,2 Prozent der Regionsfläche) sind fast 130 Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie ausgewiesen. Diese Gebiete haben Ausschlusswirkung. Das heißt: Raumbedeutsame Windenergieanlagen können nur noch in den Vorranggebieten errichtet werden. In die Planung der Windenergiekonzeption wurden mehr als 50 Einzelkriterien einbezogen, um raumverträgliche und wirtschaftliche Vorranggebiete ausweisen zu können. Hierzu zählen etwa Siedlungsabstände, windenergieempfindliche Vogelarten bis hin zur Denkmalpflege und Flugsicherung.

Der Aufstellungsbeschluss zum Teilregionalplan Energie Mittelhessen wurde am 1. November 2011 gefasst. Nach 31 Ausschusssitzungen, vielen Arbeitsgruppensitzungen und Gesprächsrunden, Informationsveranstaltungen in den Landkreisen sowie mit Bürgerinitiativen, zwei förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligungen (2013 und 2015) und mit rund 7500 Einzelanträgen wurde der vom Regierungspräsidium Gießen als Obere Landesplanungsbehörde erarbeitete Teilregionalplan Energie am 9. November 2016 von der mittelhessischen Regionalversammlung beschlossen.

Mit der Veröffentlichung im Staatsanzeiger des Landes Hessen am 18.12.2017 ist der Teilregionalplan Energie Mittelhessen in Kraft getreten.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Internetseite:
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